Auch wenn das, was die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gestern Abend zu verkünden hatte, für den Aktienmarkt per se nicht erfreulich war, konnten sich die Märkte nach dem historischen Zinsentscheid stabilisieren. Erstmals seit 1994 hoben die Währungshüter den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf eine Spanne von nun 1,5 bis 1,75 Prozent an.
Die meisten Marktteilnehmer hatten zuletzt mit einem Zinsschritt in dieser drastischen Größenordnung gerechnet. Entsprechend wurde die nun eingetretene Klarheit begrüßt. Der Dow Jones ging nach einem kurzen Ausflug ins Minus um 1,0 Prozent höher aus dem Handel. Gleiches galt für den S&P 500, der mit einem Plus von 1,46 Prozent bei 3.790 Punkten schließen konnte. Technologiewerte, die aufgrund ihrer hohen Fremdkapitalquote besonders anfällig für Zinserhöhungen sind, legten noch stärker zu. Der Nasdaq 100 stieg um 2,5 Prozent zu.
Die Auswirkungen des Zinsentscheids in Kombination mit der Charttechnik zeichnen ein eher düsteres Bild der möglichen Kursentwicklung. Bei genauerer Betrachtung des Charts des Dow Jones wird deutlich, dass der gestrige Ausflug in positiveres Terrain direkt am ersten Widerstand an der runden 31.000-Punkte-Marke scheiterte. Der übergeordnete Abwärtstrend, der seit Ende April besteht, lässt somit einen Blick auf die nun interessante Unterseite zu, die aktuell bei 30.090 Punkten eine solide Unterstützung bietet. Sollte diese Unterstützung unterschritten werden, dürften sich die Dow-Bullen in der Zone um die 30.000-Punkte-Marke heftig zur Wehr setzen und versuchen, den Kurs wieder bis auf 31.000 Punkte zu treiben.
Ähnlich und noch extremer liest sich der Chart des S&P 500. Auch hier ist ein klarer Abwärtstrend zu erkennen, aber die drastischen Abverkäufe der letzten Tage zeigen eine viel stärkere Dynamik als beim Dow Jones. Mit der Kurslücke vom vergangenen Montag ist sogar eine größere Hürde für eine Erholung über das 38,2%-Fibonacci-Retracement entstanden. Damit dies gelingt, müssten sich die Bullen anstrengen und den Kurs über die 3.950er Marke tragen. Aber auch damit ist der Verkaufsdruck nicht abgewendet. Erst mit einer Erholung über die runde Marke von 4.000 Punkten und dem Bruch der konvergierenden Trendlinien der 21-Tage-Durchschnittslinien und der roten Abwärtstrendlinie dürfte sich das Chartbild auflockern. Auf der Unterseite befindet sich eine bereits getestete Unterstützung bei 3.700 Punkten, die in Kombination mit der Unterstützungslinie bei 3.675 Punkten zumindest kurzfristig etwas Halt bieten sollte. Unterhalb dieses Unterstützungsniveaus klafft eine große Lücke zur nächsten Unterstützung, die dem Abverkauf mehr Schwung verleihen dürfte, so dass einem schnellen Kursverlust bis zur 3.500-Punkte-Marke nichts im Wege steht.
Die Zinserhöhung der Fed macht den Dollar als Anlagewährung gegenüber schwächeren Währungen und dem Euro attraktiver. So schwächelte die Gemeinschaftswährung im Vorfeld der Fed-Entscheidung, konnte sich dann aber wieder etwas über der Marke von 1,04 US-Dollar stabilisieren. Bei einem erneuten Tagesschluss unter 1,0460 US-Dollar dürfte es für die Euro-Welt wieder sehr düster aussehen und das Tief vom Januar 2017 bei 1,0340 US-Dollar wäre in Reichweite. Darunter liegt die nächste wichtige Unterstützung beim Monatshoch vom Juli 2002 bei 1,0210 US-Dollar, bevor es zum großen Showdown im Bereich der Parität kommt. Sollten hier die Verkäufer die Oberhand gewinnen, kann es schnell in Richtung 0,95/0,96 US-Dollar gehen. Spätestens ab hier sollten die Käufer alles daran setzen, die Parität wieder zu erreichen.
Quellen: Reuters, dpa